Es werden von vielen Therapieanbietern in ihrer Werbung fragwürdige Heilungsversprechen abgegeben, vor denen ich warnen möchte. Vollständige Heilungen durch Therapie sind bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen trotz aller Fortschritte in der Therapie eine seltene Ausnahme (siehe unten).

Auch das Versprechen, dass durch die Therapie Stottern vollkommen ausgeschlossen werden soll, ist kein Qualitätsmerkmal, eher im Gegenteil.

Die Aussage: "Wir können Ihr Stottern nicht heilen, sondern Ihnen nur zeigen, wie es geht" ist erkennbarer Unsinn. Hier wird in unverantwortlicher Weise dem Patienten die gesamte Verantwortung zugewiesen und letztlich doch versprochen, dass eine Heilung erzielt werden kann, wenn nur der Patient intensiv und geduldig mitarbeitet.

Auf dieser Seite finden Sie einige Aussagen zum Thema, die ich alle für wahr halte. Die meisten werden durch die wissenschaftliche Literatur gestützt, einige beruhen auf unsystematischen eigenen Beobachtungen. Wenn Sie eine Aussage bezweifeln oder nicht meiner Meinung sind, schreiben Sie mir bitte eine E-Mail.

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Vorbemerkung:
"Heilung" heißt im Folgenden immer "beim spontanen Sprechen in allen Situationen immer stotterfrei", das ist die sog. Heilung im engeren Sinne. Wenn mit "Heilung" gemeint wäre "erhebliche Verbesserung", dann bräuchten wir nicht zu diskutieren. Die Frage: "Sind erhebliche Verbesserungen durch Therapie zu erzielen?" kann man einfach mit "Ja" beantworten.


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* Die meisten Menschen, die irgendwann in ihrem Leben gestottert haben, erfahren eine Heilung, d.h. hören irgendwann auf zu stottern.

* Die meisten Stotterer, die geheilt werden, erreichen die Heilung nicht durch Therapie, sondern durch eine sog. "Selbstheilung" (Spontanheilung, d.h. eine Heilung ohne gezielte Hilfe durch einen Therapeuten).

* Der Verlauf einer Selbstheilung ist typischerweise allmählich und nicht plötzlich.

* Selbstheilungen kommen in allen Lebensaltern vor, sind aber mit Sicherheit bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen.

* In der zweiten Lebenshälfte wird das Stottern oft von selbst allmählich immer leichter, so dass viele chronische Stotterer im Alter nur noch wenig oder gar nicht mehr stottern.

* Mädchen / Frauen erfahren häufiger Selbstheilungen als Jungen / Männer. Das Geschlechterverhältnis von 4 bis 5 zu 1 (es stottern weniger Frauen als Männer) beruht auf der höheren Selbstheilungsrate bei Frauen.

* Vollständige Heilungen im Kindesalter sind durch (oder mit) Therapie häufig. Möglicherweise gibt es ein kritisches Alter, bis zu dem noch vollständige Heilungen durch Therapie zu erzielen sind. Dieses liegt um 8 bis 12 Jahre. Die Meinungen und Erfahrungen der Fachleute (auch der ernstzunehmenden) differieren.

* Es ist noch nicht möglich, mit einiger Sicherheit zu unterscheiden, ob ein Kind durch Therapie geheilt worden ist oder ob es während der Therapie eine Selbstheilung erfahren hat. Dies ist insbesondere schwierig, wenn die Therapie lang andauert.

* Vollständige Heilungen (in allen Situationen immer stotterfrei) sind im Jugendlichen- und Erwachsenenalter durch Therapie nur sehr selten zu erzielen.

* Therapeuten, die behaupten, bei Jugendlichen über 14 Jahren und Erwachsenen hohe Heilungsraten (z.B. 80 Prozent aller Patienten geheilt) zu erzielen, lügen mit großer Sicherheit. Das gilt unabhängig vom eingesetzten Verfahren (Atemtechnik, Hypnose etc.).

* Richtig ist, dass in einzelnen Fällen auch bei Jugendlichen und Erwachsenen durch Therapie eine Heilung erzielt werden kann. Das berichten viele Fachleute - so auch ich.

* Einzelne Patienten, die - insbesondere kurz nach der Therapie - von ihren Therapeuten im Fernsehen vorgeführt werden (SternTV, Fliege, Galileo u.ä.) und dabei nicht stottern, sind kein Beweis dafür, dass der betreffende Therapeut (außer in einer verschwindenden Anzahl von Einzelfällen) Stottern bei Jugendlichen und Erwachsenen heilen kann.

* Stottern ist eine gut behandelbare Störung. Wesentliche Besserungen der Sprechflüssigkeit mit den entsprechenden Veränderungen in der Lebensführung sind in sehr vielen Fällen zu erzielen.

* Die Meinung, dass Stottern ab einem bestimmten Alter oder nach einer gewissen Anzahl von Therapieversuchen "therapieresistent" (durch Therapie nicht mehr beeinflussbar) würde, ist ein Mythos. Der Grund für diese Meinung liegt meist im Ungeschick oder Unwissen des Therapeuten. Auch sind Hindernisse in den Lebensumständen des Patienten oder in seiner Person denkbar, die weiteren Fortschritten im Wege stehen.

* Es gibt noch kein Therapieverfahren, das allen anderen von vornherein überlegen ist. Die Therapieverfahren, die sich bisher am wirksamsten erwiesen haben, können als verhaltenstherapeutisch bezeichnet werden. Sie alle enthalten neben ergänzenden psychotherapeutischen Elementen erhebliche Anteile an Sprechübungen und Hilfen zur Bewältigung der Stotterangst bzw. Sprechangst.
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